Mietspiegelreformgesetz

Als Teil der Arbeitsgemeinschaft Immobilien in Görlitz haben wir uns die letzten zwei Jahre immer wieder mit dem Thema „Mietspiegel“ auseinandergesetzt. Wir haben nach Bautzen geschaut, nach Dresden und auch weitere Städte, in denen ein Mietspiegel bereits eingeführt wurde. Wir haben die Pros und Kontras innerhalb der hiesigen Immobilienbranche, aber auch mit der zuständigen Behörde der Stadtverwaltung diskutiert.

Im Juni diesen Jahres wurde die bereits in 2018 im Koalitionsvertrag der SPD, CDU und CSU angekündigte Mietspiegelreform auf Bundesebene beschlossen. 

Der Beschluss sieht vor, dass abhängig von der Einwohnerzahl einer Gemeinde, die Aufstellung eines Mietspiegels verpflichtend wird. Mit dem zukünftigen „Mietspiegelreformgesetz“ gilt es, eine rechtssichere Gestaltung von Mieten zu ermöglichen. Bisher galten das System der Vergleichsmieten als Instrument für eine sogenannte „Mietpreisbremse“. Die Neuregelungen machen „die in verschiedenen Punkten an die ortsübliche Vergelischiete anknüpfende Mietpreisbremse dann kraftlos […], wenn überhaupt nicht klar ist, welche ortsübliche Vergleichsmiete im konkreten Fall heranzuziehen ist. So gesehen wird den Mietspiegeln dann doch auch eine deckende Funktion zukommen können.“ *  

Der Mietspiegel soll die Vergleichsmiete nun realistisch abbilden. 

Der Mietspiegel ist kein "Mietendeckel"

Viele hören beim Wort Mietspiegel einen möglichen und viel diskutierten „Mietendeckel“ auf Bundesebene heraus. Dem ist nicht so. Während der in Berlin eingeführte  und mittlerweile wieder gekippte „Mietendeckel“ Mietobergrenzen nach verschiedene Kategorien regeln und überhöhte Mieten verbieten sollte, geht es beim Mietspiegelreformgesetz um den Abbau der aktuell bestehender Rechtsunsicherheiten bei einfachen und qualifizierten Mietspiegeln, welche einige Städte und Gemeinden bereits in der Praxis umsetzen und zur Regelung der vielen Streitfragen mit dem geltenden System der Vergleichsmieten. 

In der Vergangenheit wurden, unabhängig von der in der betreffenden Gemeinde geltenden Regelung, oft Urteile zum Einzelfall erklärt. Für Mieter, Vermieter und die verschiedenen Interessenvertreter ist es dadurch kaum möglich gewesen, sich auf eine gebotene Rechtssicherheit berufen zu können. 

Mit dem Mietspiegelreformgesetz folgt nun eine gesetzlich geregelte Standardisierung der Verfahren.

Wie war das mit den Vergleichsmieten?

„Seit Jahrzehnten sind die Vergleichsmieten im Rechtssystem der Bundesrepublik Deutschland etabliert. Will eine vermietende Partei die Miete für Wohnraum erhöhren, kann dies vorbehaltlich anderer Vereinbarung im Mietvertrag nach den §§585 ff. BGB erfolgen. Die vermietende kann von der mietenden Partei die Zustimmung zu einer Erhöhung der Miete bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete verlangen. […] Die Anpassung kann frühestens ein Jahr nach der letzten Erhöhung verlangt werden und die Miete muss mindestens 15 Monate unverändert hoch sein. Hinzu kommt die Betrachtung der Kappungsgrenze. Die Miete darf in einem Zeitraum von drei Jahren nicht um mehr als 20 Prozent erhöht werden, in Regionen, die der Mietpreisbremse unterfalleen, nur 15 Prozent.“ * 

Streitthema blieben bei dem Instrument der Vergleichsmieten meist die Frage nach der >>Wann ist eine Wohnung vergleichbar?<<  und >>Was ist ortsüblich?<<  Gibt es das Erhöhungsverlangen, bestehen verschiedene Möglichkeiten die Fragen zu klären. Hier haben wir 3 Beispiele

  1. Drei Vergleichsmieten – mit Verweis auf die Herkunft des Angebots.
  2. Per Gutachten eines bestellten und vereidigten Sachverständigen. 
  3. Per Verweis auf einen Mietspiegel. 

Einfacher vs. Qualifizierter Mietspiegel

Der einfach Mietspiegel war bislang eine von der Gemeinde oder von Interessenvertretern gemeinsam erstellte oder anerkannte Übersicht über die Mieten. Der qualifizierte Mietspiegel ist darüber hinaus, auf Basis anerkannter wissenschaftlicher Grundsätzen erstellt und von der Gemeinde oder von Interessenvertretern der Vermieter und Mieter anerkannt worden. 

Diese beiden Ausführungen eines Mietspiegels haben in der Praxis für einige Interessenkonflikte gesorgt. Aus Sicht der Mieter wurde z.B. unterstellt, dass mittels Mietspiegel stetig anziehende Mieten in bestimmten Lagen sich räumlich auf Wohnungen ausdehnen lassen. die ein ganz anderes Wohnumfeld betreffen. Für ein weiteres Problem sorgen die Abweichungen zwischen Altverträgen und Neumieten. In der Praxis gelten die jüngeren Werte als Referenz, d.h. für die Mietspiegel werden tendenziell die teureren Mieten als Datenbasis genutzt.

Schauen wir auf die Perspektive der Eigentümer bzw. Vermieter,  ist davon auszugehen, dass Wohnungen, welche aufgrund von lange bestehenden Mietverhältnissen, einen höheren Renovierungs- bzw. Sanierungsaufwand mitsichbringen, was bei den gestiegenen Bau- und Handwerkerpreisen oftmals in keinem Verhältnis zur bisher gesetzlichen Regelung der Mietpreiserhöhung stehen. Wer also aus Vermietersicht in den letzten Jahren die Mieten nicht nach den gesetzlich Vorgaben allmählich erhöht hat, musste bisher eine Kluft zwischen einer marktgerechten Miete und realisierten Mieterträgen in Kauf nehmen. 

wird Görlitz einen MIetspiegel bekommen?

Für die Erstellung von Mietspiegeln ist nun nach dem jeweiligen Landesrecht zuständige Behörde in der Pflicht. Vorher war das Aufgabe der Gemeinde selbst. 

Die gravierendste Änderung ist in § 558 Abs. 4 S. 2 BGB definiert. Demnach sind für Gemeinden mit mehr als 50.000 Einwohnern entsprechend der Vorgaben Mietspiegel zu veröffentlichen. Wenn eine Gemeinde einen qualifizierter Mietspiegel erstellen soll, ist dieser spätestens am 01.01.2024 zu veröffentlichen. Ein einfacher Mietspiegel muss sogar bis zum 01.01.2023 veröffentlicht sein. Damit hat der Gesetzgeber die Pflicht zur Aufstellung eines Mietspiegels normiert.   

Mit 56.591 (Stand September 2021) müsste demnach Görlitz dazu verpflichtet werden, wenn gleich die Begriffe „Städte“ und „Gemeinde“ nicht identisch sind. 

Auch wenn eine Prognose schwierig ist, ob diese Gesetzesänderung die Mietpreisentwicklung stark beeinflussen wird, ist ohne jeden Zweifel positiv zu werten, dass Mieter und Vermieter endlich ein verifiziertes Instrument zur Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete haben.

* Quelle: „Mietspiegelreformgesetz“ beschlossen – Artikel: von Helge Schulz in „DieHeizkostenabrechnung“ Nr. 8-9 2021, Herausgeber: ARGE Heiz- und Wasserkostenverteilung e.V.